Kirchengeschichte Visselhövede

Chronik

Grenzverläufe

Die Katholiken in Visselhövede

Schloss Kettenburg

Kapelle Lindenstraße

Seelsorger in unserer Gemeinde

Beschreibung der Herz-Jesu Kirche

Grundsteinlegung

Kirchenweihe

Die Orgel

Die Judas Thaddäus Statue

Die Krippe

Pater Johannes Arnoldi Feier

Echelmeyer-Kelch

50. Kirchweihfest

Jubiläumskonzert

Maiandacht und Seniorenkaffee

Die Katholiken in Visselhövede

Eine Minderheit mit Geschichte Auszüge aus der Chronik von Pfarrer Siegmund Bulla vom August 2004

Bevor man Visselhövede in Richtung Walsrode verlässt, passiert man linker Hand, kurz vor der Bahnunterführung, die katholische Herz-Jesu Kirche. Sie ist eine der vier Sammelpunkte für rund 4.300 katholische Christen, die verstreut in der Vogelparkregion und in dem südlichen Gebiet des Kreises Rotenburg / Wümme wohnen.
Visselhövede ist für die katholische Kirche von besonderer historischer Bedeutung, wie es ein Auszug aus der „Festschrift 700 Jahre Visselhövede“ von 1988 betont:
Im Verlauf des 30jährigen Krieges (1618 – 1648) hatten sich viele norddeutsche Landstriche bereits von Rom gelöst. So gab es in Verden bereits den lutherischen Bischof Friedrich, einen Sohn des Dänenkönigs Christian IV.
Nachdem der kaiserliche General Tilly 1626 bei Lutter am Barenberg den Dänenkönig besiegt hatte, beherrschten die Truppen der katholischen Liga weite Teile des heutigen Niedersachsens.
1629 erließ der katholische Kaiser das Restitutionsedikt, wonach aller nach 1552 weltlich oder evangelisch gewordener Kirchenbesitz an die katholische Kirche zurückzugeben war. Der lutherische Bischof in Verden wurde abgesetzt und der katholische Bischof Franz Wilhelm aus Osnabrück übernahm das Bistum Verden. Hier wurde eine Missionsniederlassung des Jesuitenordens eingerichtet, zu dem auch Pater Johannes Arnoldi gehörte. Ihm wurden drei Pfarreien, nämlich Visselhövede, Neuenkirchen und Schneverdingen übertragen. Am 7. Mai 1630 erklärte der katholische Bischof von Verden alle lutherischen Pfarrer für abgesetzt, darunter auch Johannes Müller aus Visselhövede. Zusätzlich wurde das Kirchspiel Visselhövede vom Bischof Franz Wilhelm wegen Ungehorsams zu einer Strafe von 160 Reichstalern verurteilt. Die Empörung der Bewohner war groß. Das Opfer der angestauten Wut wurde der Jesuitenpater Johannes Arnoldi. Er harrte in Visselhövede aus, auch als sich die Kriegslage durch das Eingreifen der Schweden zugunsten der Lutheraner wendete. Schon 1630 soll einmal auf ihn geschossen worden sein; die Kugel traf aber nur seinen Hut. Am 9. November 1631 hielt er zum letzten Mal die Messe und machte sich danach mit einem Fuhrwerk auf den Weg nach Verden. Dort kam er nicht an. In der Nähe der Kreuzung der Verdener Landstraße mit dem Weg Nindorf – Kettenburg hielten ihn Bauern aus dem Kirchspiel Visselhövede an, zogen ihn vom Wagen, Schlugen auf ihn ein und schnitten ihm, nachdem er an einen Baum gebunden wurde die Kehle durch.
In der Schlosskirche zu Kettenburg ist die Erinnerung an den 300jährigen Todestag des Blutzeugen Pater Johannes Arnoldi am 9. 11. 1931 feierlich begangen worden, der 350. Todestag wurde in der katholischen Kirche in Visselhövede begangen: mit einem feierlichen Pontifikalamt und anschließendem Festvortrag über den Pater, gehalten von Josef Nowak, Hildesheim. Anlässlich dieses Jubiläums errichtete man unter dem Glockenturm ein Mahnmal, gestaltet von dem Bildhauer Kilian aus Braunschweig. Das Mahnmal zeigt ein gespaltenes Kreuz auf einem Findling, aus dessen Mitte das Wasser des Glaubens fließt – Symbol für die gespaltene Christenheit, die durch den gemeinsamen Glauben zusammengehört. Wie weit katholische und evangelische Christen da heute schon sind, zeigt die gemeinsame Erarbeitung des Textes der Gedenktafel:

„Christus hat uns vom Kreuz herab die Waffen von Macht und Gewalt aus der Hand genommen. Von nun an gilt nicht Macht, sondern Ohnmacht, nicht Gewalt, sondern Versöhnung.
Zur Erinnerung an Pater Johannes Arnoldi, der in den Wirren religiöser Auseinandersetzungen am 9. November 1631 in Visselhövede durch Gewalt sein Leben verlor.“

1632 übernahm wieder ein Lutheraner, Matthias Pletzius, das Pfarramt in Visselhövede.
Die Verbindung des Raumes um Visselhövede zur katholischen Kirche blieb nun 235 Jahre unterbrochen.

Im Jahre 1852 begegnete der Freiherr Kuno von der Kettenburg in Mainz den Sozialbischof von Ketteler. Dieser Kontakt führte dazu, dass der Freiherr und seine Familie zum katholischen Glauben konvertierten.
Im selben Jahr wurde im Kettenburger Schloss eine Schlosskapelle eingerichtet. Kettenburg wurde Sitz eines katholischen Paters. Damit entstand eine der ganz wenigen katholischen Enklaven, denn die nächsten katholischen Gotteshäuser waren in Celle, Verden und Uelzen.
Leider wurde das Schloss mit der Kapelle im Jahre 1960 wegen Schwammbefall abgerissen.
Katholische Christen blieben hier eine verschwindend kleine Minderheit. Dennoch wurde im Jahre 1935 die Pfarrkuratie Kettenburg – Visselhövede – Rotenburg gegründet. Sitz des Geistlichen, eines Paters, blieb Schloss Kettenburg und er betreute von dort aus 120 Ortschaften, über die verstreut 601 Kirchenmitglieder wohnten.

Während der Nazizeit, mit allen Schikanen und Beschwernissen für die Kirchen, kam unfreiwillig ein zweiter Priester, Domkapitular Clemens Echelmeyer aus Münster nach Visselhövede. Echelmeyer wurde im Jahre 1941 von der Gestapo verhaftet und nach Visselhövede verbannt, das ihm als Zwangsaufenthalt zugewiesen wurde. Man wollte damit seinen Wirkungskreis beschneiden.

Die Zahl der katholischen Christen wuchs durch den Zustrom von Saardeutschen, der vielen Volksdeutschen und der Katholiken, die in der Deutschen Wehrmacht dienten. Sowohl in Rotenburg als auch in Visselhövede wurde je ein ständiger Gottesdienstraum eingerichtet. Im Jahre 1938 lebten in dem Seelsorgebezirk etwa 4000 Katholiken, davon waren etwa 3000 Polen. Und diese Zahl stieg dann noch einmal sprunghaft aufgrund der Kriegsfolgen an. Das machte eine Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse nötig. Rotenburg wurde zur Pfarrgemeinde ernannt, Visselhövede zu deren Filialgemeinde. Nach dieser Umgliederung betrug die Zahl der Gemeindemitglieder in Visselhövede etwa 300 und in den Dörfern rundherum noch einmal 150.
In der Lindenstraße entstand in einer ehemaligen Werkstatt eine kleine Notkapelle, in der 20 Jahre lang Gottesdienste gefeiert wurden. Auch in Walsrode und Bomlitz mit allen umliegenden Ortschaften erhöhte sich die Zahl der Katholiken.

Aus diesem Grund wurde im Jahre 1961 eine wichtige Änderung beschlossen: Mit Wirkung vom 1. April 1961 schieden die Katholiken von Visselhövede und Umgebung aus der Kirchengemeinde Rotenburg aus; die Katholiken aus Bomlitz und Umgebung wurden von Walsrode abgetrennt und bildeten nun zusammen mit Visselhövede eine eigene Gemeinde. Der Wohnsitz des Pfarrers wurde von Visselhövede nach Bomlitz verlegt.
Die neue katholische Kirchengemeinde umfasste jetzt die folgenden Bereiche: Benefeld, Ahrsen, Bomlitz, Bommelsen, Borg, Ebbingen, Hünzingen, Jarlingen, Kettenburg, Kroge, Stellichte und Uetzingen (ohne die Ortsteile Elferdingen und Wenzingen) sowie Visselhövede, Bleckwedel, Buchholz, Dreeßel, Drögenbostel, Hiddingen, Jeddingen, Lüdingen, Nindorf, Ottingen, Rosebruch, Schwitschen, Wehnsen und Wittorf.

In Benefeld gab es gleichfalls nur einen provisorischen Kapellenbau, eine Holzbaracke, in der seit 1945 Gottesdienste gefeiert wurden. Endlich, am 14. Mai 1961, konnte eine würdige Kirche in Benefeld geweiht werden. Dazu kamen ein Pfarrzentrum und ein Pfarrhaus, in dem der Pfarrer seinen Wohnsitz nahm.

Jetzt gingen alle Bemühungen dahin, auch in Visselhövede eine neue katholische Kirche zu bauen.
Die Planung, der Entwurf und die Bauausführung lagen in den Händen des Architekten Theo Scholten aus Oberhausen. Unter großer Beteiligung der Gemeinde und vieler Gäste konnte am 29. Mai 1965 der Grundstein eingemauert werden. Die Kirche wurde am 21. Mai 1966 durch Bischof Heinrich Maria Janssen dem „Heiligsten Herzen Jesu“ geweiht.
Seit dieser Zeit gibt es also in der Gemeinde Bomlitz-Benefeld / Visselhövede zwei katholische Kirchen.

Im Laufe der Zeit wuchsen die einzelnen Gemeindeteile aufeinander zu und bleiben doch in ihrer Eigenart unverwechselbar. Da gibt es reine Bauerndörfer wie Dreeßel, die Pendlergemeinde Wittorf, die Kleinstadt Visselhövede und die so ganz für die Gegend untypische Industrieansiedlung Bomlitz – Benefeld. Eine große Zerstreuung, ja Vereinzelung auf sehr weiter Fläche, keine Einheimischen sondern früher oder später Zugewanderte, und dennoch Menschen, die sich der katholischen Kirche zugehörig fühlen, bilden die Gemeinde.

Am 1. August 2004 kam es sogar zu noch einer größeren Ausweitung. Die Gemeinden Heilig-Geist Bomlitz-Benefeld mit Herz-Jesu Visselhövede, die Nachbargemeinde St. Maria vom hl. Rosenkranz zu Walsrode mit etwa 30 Dörfern, sowie die Gemeinde St. Maria von den sieben Schmerzen zu Fallingbostel samt den umliegenden Dörfern wurden aufgelöst und zu einer einzigen Gemeinde mit dem Pfarrkirchort Walsrode zusammengefasst. Hier ist auch der Wohnsitz des Pfarrers, der freilich schon im Jahre 1994 von Benefeld nach Walsrode wechselte.
Seit dem 1. August 2004 bis zum heutigen Tage sucht die neue Gemeinde nach ihrer Identität, die Menschen fragen nach Wege zueinander und sie befinden sich in dem spannenden Prozess der Gemeindezusammenführung.

Gemeindezusammenführung am 1. August 2004 von Pfarrer Siegmund Bulla

Die Kirche im Bistum Hildesheim steht vor neuen Herausforderungen. Wir haben einen Gläubigermangel, die Zahl der Katholiken geht zurück, der Glaube verdunstet. Wir haben einen großen Priestermangel, Finanzmangel und unsere Rücklagen sind weitestgehend verbraucht.

Es muss Veränderungen geben, ohne dabei den Kern aufzugeben. Der Kern ist das sakramentale Leben mit der Hl. Eucharistie als Mittelpunkt.
Wenn aber in jeder Gemeinde künftig die Eucharistiefeier garantiert sein soll, dann müssen die Gemeinden vergrößert, die Zahl der Gottesdienststellen jedoch verringert werden.

Und so besteht der schwerste Einschnitt darin, dass Gemeinden aufgelöst und in größere Einheiten überführt werden.

Auch wir wurden davon betroffen. Unsere Gemeinde Heilig-Geist in Bomlitz mit ihrer Filialgemeinde Herz-Jesu hier in Visselhövede, St. Maria vom hl. Rosenkranz in Walsrode und die Gemeinde St. Maria von den sieben Schmerzen in Bad Fallingbostel wurden am 1. August 2004 zu einer Territorialgemeinde zusammengeführt.
Es wird nur noch einen Pfarrer geben und eine Pfarrkirche, wiewohl die anderen drei Kirchen in nächster Zukunft bestehen bleiben sollen. Die Anzahl der Pfarrbüros ist zu verringern, angestrebt wird ein kostengünstiger Verwaltungsort. Die drei Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände wurden zugunsten eines Gremiums aufgelöst und bildeten sich aus Teilen der alten Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorständen neu.
Rational gesehen der richtige Schritt. Das Herz aber spricht eine andere Sprache. Nur zu gern hätten wir die Selbständigkeit behalten. Doch es ging nicht anders. Wir haben getan, was getan werden musste und seitdem befinden wir uns auf dem spannenden Weg der Gemeindezusammenführung.

Vom ersten Augenblick an gab es Ängste, von den stärkeren Gemeindeteilen vereinnahmt zu werden, die Sorge, Vertrautes aufgeben zu müssen, die Befürchtung, das Leben vor Ort und die Identität zu verlieren. Diese Vorbehalte waren nicht unbegründet und sie bestehen bis heute. Es wird vieles anders werden, es muss aber nicht unbedingt schlechter werden. So gab es einen neuen Pfarrgemeinderat, der in einer Klausurtagung im März 2005 in Cuxhaven, weit entfernt vom Pfarrort, das Miteinander geübt hat, und der in etlichen Sitzungen um eine gemeinsame Sprache bemüht war. Da gibt es externe Berater aus der Bistumsebene, die Hilfe leisten. Es gibt gemeinsames Tun, Aktionen, Dankeschönfeste, einen gemeinsamen Pfarrbrief „MomentMal“, den Weltjugendtag im August 2005, gemeinsame Kinderfeste, musikalische Veranstaltungen, Vernetzung der Gremien und Gruppen, wo es möglich ist, das wunderschöne gemeinsame Pfarrfest am 1. Oktober 2006 in Walsrode und natürlich das Eigenleben einer jeden einzelnen Gemeinde, wo es unangetastet bleiben muss.
Es ist viel, was wir in der kurzen Zeit seit der Zusammenführung miteinander begonnen haben. Zunehmend zeigt sich jedoch auch, dass eine größere Gemeinde mehr Ressourcen hervorbringt. Und es gibt, das scheint das Wichtigste zu sein, den guten Willen Vieler, sich dieser Herausforderung zu stellen. Wir wollen möglichst viele Menschen auf den gemeinsamen Weg mitnehmen, wir werden aber auch warten, damit die Langsamen nachkommen können.
Am 3. November 2006 haben wir einen neuen Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand gewählt, der noch „Altes“ aufarbeiten muss, jedoch voller Vertrauen auf Gott in die Zukunft blickt.

Wir haben die Hoffnung, dass es die Kirche in unserer Region auch in Zukunft geben wird und das auch deshalb, weil wir heute die dafür nötigen Schritte, als eine der wenigen Gemeinden, tun. Aber es ist schwer. Gott stehe uns bei!

November 2006